10 VIEWS ON MIGRATION & HOME AWAY FROM HOME

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Die Ausstellung 10 VIEWS ON MIGRATION ist das Ergebnis eines mehrjährigen Projekts, das von den Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) in Tunis, Dakar, Dar-es-Salaam und Johannesburg initiiert wurde, um auf eher unbekannte Migrationsrouten und Fluchterfahrungen innerhalb Afrikas aufmerksam zu machen. Roll-ups bieten Hintergrundinformationen über die Regisseure und die Inhalte von neun Kurzfilmen aus Ägypten, Algerien, Djibouti, Elfenbeinküste, Gambia, Kamerun, Mali, Senegal und Tunesien, die an Tablets mit Kopfhörern individuell gesichtet werden können. (Ein zehnter Film aus dem Sudan konnte aufgrund der politischen Situation nicht realisiert werden. )
Die Filmgeschichten bieten ungewohnte Einblicke zu Ursachen und Erscheinungsformen von Flucht und Migration auf dem afrikanischen Kontinent.
Zur Eröffnung sind der Filmemacher Muhammed Lamin Jadama aus Gambia sowie Hildegard Kiel, die Kuratorin des RLS-Projekts, eingeladen. Aus aktuellem Anlass informiert Gina Hitsch von der Kölner Initiative „Blacks in Cologne/Be Your Future“ über die Situation und die Diskriminierung afrikanischer Geflüchteter aus der Ukraine.
Zu Gast ist auch der aus Kamerun stammende Künstler Jerry Helle, dessen Gemälde ergänzend zur Ausstellung zu sehen sind. In seinen Bildern setzt er sich mit seiner Familiengeschichte, postkolonialen Ideen und dem Konzept von Heimat und Zugehörigkeit auseinander.
Zu den traditionellen Handelswegen auf dem afrikanischen Kontinent gehört die Verbindung von Ostafrika zur Arabischen Halbinsel quer durch das Horn von Afrika – ACROSS THE HORN.  Demselben Weg folgen seit den 1990er-Jahren Migrant:innen aus Äthiopien und Djibouti in zunehmender Zahl. Der Film zeigt, auf welche Infrastruktur und Hürden Geflüchtete entlang dieser bei uns wenig bekannten Migrationsroute stoßen.
In AHLOU AL-KAHF erinnern die Rapper Jojo M und Galâa wie in einem offenen Brief an die Geschichte von Auswanderern aus der tunesischen Bergbauregion Redeyef in französische Städte wie Nantes. Mit einer Super-8-Kamera aufgezeichnete Schwarz-Weiß-Bilder liefern die passende, historisch anmutende Illustration dazu.

LUNTANGO bedeutet „Fremder“ und als ein solcher fühlt sich Muhammed, der aus der Region Senegambia stammt und seit 10 Jahren in Deutschland lebt, egal wo er sich gerade aufhält: Bei seiner Familie und seinen Freunden in Westafrika gilt er als Europäer, in Deutschland wird er gefragt, wann er nach Hause zurückkehrt. Mit fotografischen Mitteln zeigt der Aktivist, was es heutzutage bedeutet, als Schwarzer auf der Flucht zu sein.
Wie Exilierte (EXILÉES), Ausgestoßene, fühlen sich Frauen, die aus Ländern südlich der Sahara in Richtung Libyen und Europa aufgebrochen und in der Wüstenstadt Agadir im Niger gestrandet sind. Der Film ist Priska gewidmet, einer Geflüchteten, die es bis zur nordafrikanischen Küste geschafft hatte, aber bei der Bootsfahrt über das Mittelmeer ertrunken ist.
MA NOUVELLE VIE EUROPÉENNE – Als der Malier Abou endlich Europa erreichte, schien es, als würde ein neues Leben für ihn beginnen – ein Leben mit einer Zukunftsperspektive. Doch während sein Film über seine Reise nach Europa überall in der Welt gezeigt wurde, lebte er isoliert in einem deutschen Flüchtlingsheim. Eine essayistische Reflexion über Europas unsichtbare Grenzen und über das Filmemachen als Akt des Empowerments.
Die Dokumentation PERDUS EN TRANSIT gewährt Einblicke in den Alltag von zwei Asylsuchenden im Senegal, einem Land, das traditionell Geflüchtete aus dem gesamten Kontinent willkommen hieß. Die Kamera folgt Mahamat, einem 60-jährigen Politiker aus dem Tschad, und Jamal, einem 26-jährigen Studenten aus Mauretanien. Es bleibt den Zuschauer:innen überlassen zu entscheiden, ob Senegal eher ein Land des Transits ist oder eines, das Migrant:innen gastfreundlich begegnet.
SEARCHING FOR GHAZALA – Der Regisseur Bassam Murtada kündigt ein offenes Casting für Geflüchtete in Ägypten an. Er sucht einen Hauptdarsteller für seinen ersten Spielfilm GHAZALA. Er handelt von einem sudanesischen Flüchtling, der davon träumt, ein professioneller Fußballer zu werden. Beim Vorsprechen und während eines Schauspielworkshops lernt er die Geschichte von Rico und anderen Geflüchteten kennen.
SYNCOPATION – Ein Geflüchteter aus der Elfenbeinküste verdient sich seinen Lebensunterhalt in Südafrika als Arbeiter in der Leder-Industrie. Im Zuge eines beängstigenden Anti-Einwanderungsmarsches widersetzt er sich der Enge seiner Lederwerkstatt, in der er sich seit sieben Jahren verbirgt, und begibt sich auf einem Spaziergang quer durch die Stadt Pretoria auf die Suche nach menschlichem Kontakt.
Migrant:innen haben es nicht leicht in Douala, der Hauptstadt Kameruns. Über ihre harten Arbeitsbedingungen hinaus sind sie Misshandlungen und Diskriminierungen ausgesetzt. Doch der Film BEN BA BATO’ zeigt eine Ausnahme von dieser Regel: Mit ihrer engen Freundschaft demonstrieren zwei Ladenbesitzer – Ali aus Guinea und Bosis aus Kamerun – wie ein offenes, menschliches Miteinander funktionieren kann.
Der 10. Film, LIFELONG TRANSIT von Ahmad Mahmoud, konnte nicht realisiert werden, weil politische Spannungen die geplanten Dreharbeiten im Südsudan unmöglich machten. In der Ausstellung finden sich auch Informationen über diesen Regisseur und seine Filmidee.

 

Die Filme der Ausstellung
10 VIEWS ON MIGRATION

  • ACROSS THE HORN
    R: Oualid Khelifi, Algerien/Djibouti/Äthiopien, 2019, frz. /arab. OmU, digital, 20 min.
  • AHLOU AL-KAHF (COMPANIONS OF THE CAVE)
    R: Fakhri al-GhezalTunesien, 2019, arab. OmU, digital, 18 min.
  • LUNTANGO (STRANGER)
    R: Muhammed Jadama/ Vanessa Macedo, Gambia/D 2019, engl. /mandinka OmU, digital, 17 min.
  • EXILÉES (EXILED)
    R: Ager Oueslati, Algerien 2019, engl. /frz. OmU, digital, 14 min.
  • MA NOUVELLE VIE EUROPÉENNE (MY NEW EUROPEAN LIFE)
    R: Abu Bakr Sidibé, Mali/D 2019, frz. OmU, digital, 22 min.
  • PERDUS EN TRANSIT (LOST IN TRANSIT)
    R: Mamadou Dia, Senegal 2019, frz. OmU, digital, 18 min.
  • SEARCHING FOR GHAZALA
    R: Bassam Murtada, Ägypten 2019, arab. OmU, digital, 20 min.
  • SYNCOPATION
    R: Charles Tshuma, Südafrika/Ghana 2019, engl. OmU, digital, 20 min.
  • BEN BA BATO (FOREIGNERS)
    R: Christoph Nyemeck, Kamerun 2019, frz. OmU, digital, 10 min.

 

 

Blacks In Cologne/Be your future, DOMID e. V., Friedensbildungswerk Köln, Rosa-Luxemburg-Stiftung

Eine Ausstellung mit Filmen, Fotos und Texten zu Flucht und Migration aus zehn afrikanischen Ländern. 14.9. - 24.9., täglich: 15:00–19:00 h.

Gäste

Muhammed Lamin Jadama

Muhammed Lamin Jadama ist Filmemacher und Fotograf, geboren und aufgewachsen in der Region Senegambia, dem heutigen Gambia.Er lebt seit 2008 in Europa, wo er seine ersten Erfahrungen mit den Schwierigkeiten des Asylverfahrens in Italien machte.Im Oktober 2011 zog es ihn auf der Suche nach neuen Abenteuern nach Berlin, wo er seither lebt.Für das Projekt „10 VIEWS ON MIGRATION“ realisierte er den Kurzfilm LUNTANGO (STRANGER).

Hildegard Kiel

Hildegard Kiel arbeitet seit vielen Jahren im internationalen Bereich an der Schnittstelle von Kultur und Entwicklungspolitik. Sie lebte über 20 Jahre in Tansania, wo sie u. a. die Dhow Countries Music Academy Sansibar ins Leben rief und leitete. Ihr besonderes Interesse gilt kulturellen Ausdrucksformen und deren Relevanz für gesellschaftliche Entwicklungen. Seit 2019 ist sie bei der Rosa- Luxemburg-Stiftung in Berlin als Projektmanagerin für Nord- und Ostafrika zuständig.

Gina Hitsch

Gina Hitsch wurde 1995 in Accra geboren. Sie studiert in Köln im dualen Studiengang Soziale Arbeit & Management. Sie hat den Verein „Be Your Future“ gegründet und betreut mit der Initiative „Blacks in Cologne“ seit Beginn des Krieges in der Ukraine geflüchtete Schwarze Menschen, die in Köln gelandet sind. Die meisten von ihnen stammen aus afrikanischen Ländern, hatten in der Ukraine studiert, erhielten hier jedoch anders als Geflüchtete ukrainischer Nationalität keine Aufenthalts-, Arbeits- und Studienerlaubnisse.
 

 

Jerry Helle

Der 22-jährige Künstler Jerry Helle stammt aus Kamerun, hat in Lissabon und Douala gearbeitet, lebt seit November 2021 in Houston (USA) und studiert ab September in Rotterdam. Sein künstlerisches Schaffen ist von den widersprüchlichen Wertesystemen beeinflusst, mit denen er sich in der westlichen Welt konfrontiert sieht. In seinen Bildern thematisiert er seine Familiengeschichte, postkoloniale Ideen, spirituelle Fragestellungen und das Konzept von Heimat und Zugehörigkeit.